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Zündeln auf braunem Terrain
übernommen in:Neue Westfälische, Auszüge in: Tagesspiegel, ND, DNN, SsZ, LVZ, Freie Presse

Niesky, 7. Aug. 2004: Mücka, ein 1.360-Seelen-Örtchen im Nordosten Sachsens. Die Feuerwehren des Freistaates hatten wegen der sengenden Augusthitze gerade die Waldbrandwarnstufe erhöht, da legt NPD-Spitzenkandidat Holger Apfel im Landtagswahlkampf die ersten Brände.

Für das Jahresfest des Nationaldemokratischen Parteiorgans „Deutsche Stimme“ hatten Tausende überwiegend junge NPD-ler und Kameraschaftsangehörige aus ganz Deutschland das beschauliche Oberlausitzdorf regelrecht übernommen. Am Abend verkündeten die Veranstalter 7.000 Teilnehmer, die Polizei schätzte 4.000. Zum 3. Pressefest 2003 im westsächsischen Meerane kamen gerade die Hälfte.

Querfront:Die braune Chamäleon-Taktik

NPD-Aufmarsch 2003: "Weg mit der braunen Pest"

Umfragen zufolge liegt die NPD sechs Wochen vor der Landtagswahl bei fünf Prozent. Den Einzug ins Parlament sollen Stimmen der Kameradschafts- und der DVU-Anhänger bringen. Die DVU tritt zugunsten der Nationalen gar nicht selbst an. So schwört NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt auf dem fußballfeldgroßen Freigelände vor der örtlichen „Diskothek Wodan“ seine Gefolgschaft auf nationalistische Ziele ein: Deutschland solle das Land der Deutschen bleiben, „Breslau, Danzig und Königsberg“ wieder deutsche Städte werden.

Sachsens Spitzenkandidat Holger Apfel zündelt gar auf faschistischem Terrain: „Wir werden nicht eher ruhen, als bis deutsche Umerziehungsstätten wie das (Berliner) Holocaust-Mahnmal dem Erdboden gleich gemacht sind“, hetzt der 33-Jährige in die Menge zwischen den „Landskron“-Bierschirmen und erntet den frenetischen Applaus der Kurzhaarigen. Das Geld dafür sei in Bildung und Kindergärten oder bei den sozial Schwachen im Land besser aufgehoben, sekundiert Voigt. Es geht gegen „Ausländer, Schwule und Kiffer“, die Hartz-Reform wird als „unsinnige Bürokratie“ und überflüssig abgetan, eine Haltung, die die NPD mit der PDS teilt.

Für den sächsischen CDU-Parlamentarier und Ex-Innenminister Heinz Eggert sind Apfels Einlassungen volksverhetzend und „ein Fall für den Staatsanwalt“. Der Landkreis habe das Pressefest als Veranstaltung mit politischemn Charakter genehmigt, trotz Musikgruppen, Stier-Rodeo und Hüpfburg, klagt Bürgermeister Holger Theurich (parteilos). Am Bushäuschen zeigt eine Frau Verständnis für die Entscheidung: „In der Zeitung stand’s, sie könn’ nischt machen!“.

Aber auch öffentliche Proteste gegen den braunen Spuk blieben aus. „Ein Phänomen, dass die Linken schweigen“ und der sonst übliche „Widerstandstourismus“ unterblieb, meint Eggert ratlos. Einheimische Jugendliche hätten Mücka zum Wochenende demonstrativ verlassen, erzählt eine Mückaer Neuntklässlerin an der Dorfstraße. Die Älteren seien dageblieben, um ihr Hab und Gut vor Vandalen schützen zu können, sagt Theurich.

So rollten Pkws und Busse aus ganz Deutschland nach Mücka, kaum eine Region zwischen Ahlbeck und Singen fehlt. Die Neonazazis kommen, um einmal dem tristen „Kameradschaftsabend“ zu entrinnen und „unter Gleichgesinnten zu sein“ oder, um die Refrains rechter Bands wie „Kraftschlag“, „Youngland“ mitzugrölen. Den Lettern auf ihren schwarzen Shirts zufolge gehören sie zur „Schwarzen Division“, sind „Radikal volkstroi“ oder stehen im „Krieg gegen ein Scheiss-System“. Viele sind Neonazis seit Geburt, manche leugnen die Judenvernichtung.

„Wodan“-Inhaber Erik Myrtha gilt im Ort selbst als Nationalist. Im Mai öffnete er für den rechten Sänger Frank Rennicke den Tanzsaal, am Sonnabend war es neben Wehrmachtsveteranen ein ganzes Liedermachertrio. „Die Disko ist platt“, erzählt Bürgermeister Theurich, sie zahle keinen Euro Gewerbesteuer mehr. Da ist jedes Geschäft recht. Nur noch Glatzen gehen dahin, sagt die Neuntklässlerin. Protest? „Das bringt nichts“.

Bis 1990 herrschte in Mücka Vollbeschäftigung in der Landwirtschaft und in der nahen Waggonfabrik. In einem Ort, wo heute Hunderte arbeitslos zu Hause sitzen, lebten viele nach der Devise „macht ihr mal und lasst mich in Ruhe“, klagt der Bürgermeister. „Ob die NPD in den Landtag einzieht, hängt von der Wahlbeteiligung ab“, sagt Eggert. So könnten gleichgültige Bürger der NPD am 19. September über die Fünfprozenthürde helfen. ...zurück von Tilman Steffen

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