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"Die Nazi-Ballons sind geplatzt“

Halbe, 18. Nov 2006. Von der Bühne aus kann Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) das Ende der Hauptstraße von Halbe gar nicht mehr sehen, über 500 Meter zieht sich die Menschenmenge hin. Unerwartet viele kamen am Sonnabend in das brandenburgische 2.200-Einwohner-Städtchen.

Sie wollen gegen einen geplanten Neonazi-Aufmarsch zum Volkstrauertag protestieren. „Wichtig ist, dass man zeigt, dass wir nie wieder ein Nazi-Regime haben wollen“, sagt Traute Petzold, die mit ihrem Mann aus Potsdam angereist ist. „Viel zu wenig wird von der Politik gegen die Nazis getan“, beklagt er. Die Petzolds sind zwei von am Ende 8.000, die aus ganz Brandenburg nach Halbe kamen.

Diesmal wollten sie den Extremisten keine Handbreit des Ortes lassen. Im vergangenen Jahr waren noch 1.600 Rechte gekommen, um nahe des größten deutschen Soldatenfriedhofs ein „Heldengedenken“ abzuhalten. Nur, weil Nazigegner entlang der Prozessionsstrecke eine Kreuzung blockierten, konnte die Polizei den braunen Aufmarsch abbrechen. In diesem Jahr wies die Ordnungsbehörde den Neonazis nur den Bahnhofsvorplatz zu. Daraufhin wichen sie ins 100 Kilometer entfernte Seelow aus, dorthin, wo im Zweiten Weltkriegs 100.000 Soldaten starben.

„Lasst Nazi-Träume platzen“ ist in großen Lettern zu auf der Bühne zu lesen, die sich zwischen drei Linden auf der Hauptstraße von Halbe zwängt. Eine Veranstaltungsagentur hat den Song-Poeten Heinz-Rudolf Kunze engagiert und für perfekte Beschallung gesorgt. Rund 60 Busse brachten die Besucher hierher zur Kundgebung.

Die Freude über den Erfolg ist entsprechend: „Heute sind die Nazi-Ballons in Halbe geplatzt“ ruft Arnold Mooshammer unter Applaus der Menge ins Bühnenmikrofon. Er ist vom lokalen Aktionsbündnis gegen das Heldengedenken und ein Weltkriegs-Überlebender. Auch für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ist es ein Erfolg, dass die Besucher „Halbe nicht den Nazis überlassen haben“. Platzeck plädiert auch für ein Verbot der NPD. Grünen-Chefin Claudia Roth beklagt den „Verbrecherkult“ der Neonazis.

Entlang der Straße verläuft sich die Menge zwischen den Infoständen. Gewerkschaften, Stiftungen, Anti-Rechts-Initiativen sind vertreten, selbst der Mieterbund „zeigt Flagge“ wie Landesgeschäftsführer Rainer Radloff sagt. Sein Bund sei nicht politisch, aber auch nicht neutral. Über die Luftballons der Linkspartei freuen sich die Kinder. Es gibt Erbseneintopf, der örtliche Bäcker macht allein mit Kaffee den Umsatz des Jahres.

Nach einem Gottesdienst bilden Hunderte zwischen Friedhof und Bühne mit Transparenten eine Kette: "Stoppt den Missbauch der Geschichte" oder "Keine Toleranz für Nazis" ist zu lesen. Tanja Hellak hält zwei der Stoffbahnen zusammen. Aus Eisenhüttenstadt ist sie angereist, in einem Bus des dort ansässigen Stahlwerks, um zu zeigen, das man am Ort dieser „schrecklichen Schlacht kein Heldengedenken feiern kann“.

Die Aufschriften der Transparente liest auch Ulrich Luft. Der Cottbuser vermutet, dass sein Vater in der Schlacht von Halbe starb. Ein Exemplar des Verfassungsschutzberichtes in der Hand, schimpft Luft auf die Rechtsextremisten: „Jedes Wort, das die NPD sagt, ist verfassungsfeindlich“. Dass die Neonazis ihren Aufmarsch kurzerhand nach Seelow verlegten, „konnte man nicht wissen“. Für ihn ist wichtig in Halbe zu sein: „Hauptsache, man zeigt sich“.

Auch für Florian Baumert ist es „ganz und gar kein Problem“, hier zu demonstrieren „gegen die Leute, die nichts im Kopf haben“. Wie vielen Jugendlichen war es dem 17-Jährigen in der schwarzen Kapuzenjacke wichtiger, in Halbe zu sein, anstatt den Neonazis nach Seelow nachzureisen.

Dort kamen immerhin 1.200 Neonazi-Gegner zusammen, obwohl der Aufmarsch der rund 1.000 Rechtsextremisten in dem Ort an den Seelower Höhen erst seit Freitag feststand. Bis auf einige Festnahmen blieb alles friedlich. ...zurück von Tilman Steffen

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